Schon auf der Cannafair war mir aufgefallen, dass HHC-Liquids, HHC-Edibles und mit HHC versetzte Hanfblüten auf dem Vormarsch sind und durch die anschließende Internetrecherche habe ich festgestellt, dass auch viele Online-Headshops den Stoff in ihr Sortiment aufgenommen haben. Für mich war das Grund genug, etwas tiefergehender zu recherchieren, was HHC eigentlich ist. Wie wirkt HHC? Ist der Stoff eine Alternative zum THC? Wie wird HHC hergestellt? Was ist dieses Hexahydrocannabinol überhaupt? Und ist HHC wirklich legal? In diesem Artikel werdet ihr zwei kurze Teile über die Wirkung und die Legalität lesen. Im Hauptteil soll es um die Herstellung gehen. Danach könnt ihr euch selbst ein Bild darüber machen, ob ihr HHC konsumieren wollt oder lieber die Finger davon lasst.
Wie wirkt HHC?
Hexahydrocannabinol (HHC) ist ähnlich wie THC ein Cannabinoid, das an die Cannabinoid-Rezeptoren in unserem Gehirn andockt und so eine Rauschwirkung auslöst. Viele junge Menschen teilen in den sozialen Medien bereits ihre Erfahrungen mit dem Stoff. Angeblich macht es schnell „high“ und hat ähnliche Wirkungen wie THC-haltige Joints. Es werden aber auch unerwünschte Nebenwirkungen beschrieben. Auch sie ähneln denen eines THC-Rauschs: Schwindel, Übelkeit, Erbrechen und Reizhusten (1). So fasst es der NDR zusammen. An anderen Stellen findet man Tripberichte (2).
Ist HHC legal?
HHC steht für Hexahydrocannabinol und gehört zu den Cannabinoiden. Das ist eine bestimmte Sorte chemischer Verbindungen, die in der Hanfpflanze vorkommen. Die bekanntesten Cannabinoide sind THC (Tetrahydrocannabinol) und CBD (Cannabidiol). THC und CBD kommen in Cannabis in relativ hohen Konzentrationen vor. THC fällt unter das Betäubungsmittelgesetz und ist damit eine illegale Substanz. Die Konzentration von HHC in Hanf ist sehr gering. So gering, dass es zeitweise als synthetisches Cannabinoid galt (3). Und das ist wahrscheinlich auch der Grund, weshalb es nicht im Betäubungsmittelgesetz aufgeführt ist. Ein weiteres Gesetz, das den Umgang mit bestimmten Substanzen verbietet bzw. regelt, ist das „Neue-psychoaktive-Stoffe-Gesetz“ (NpSG).
Heute gilt HHC als halbsynthetisch. Das heißt, dass es sich um eine Verbindung natürlichen Ursprungs handelt, die chemisch hergestellt wird. In den 2000er und 2010er Jahren kamen immer mehr neue und synthetische psychoaktive Stoffe auf. Man kennt diese Stoffe in den Medien als „Legal Highs“ (obwohl sie teilweise nicht legal sind). Viele von ihnen sind auch Cannabismimetika, also Stoffe, die die Wirkung von Cannabis nachahmen. Das NpSG regelt den Umgang mit diesen Stoffen, da sie laut einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs nicht unter das Arzneimittelgesetz (AMG) fallen (4). In den Anlagen des Betäubungsmittelgesetzes waren die Stoffe auch nicht geregelt (5), sodass eine Gesetzeslücke bestand. Anderes als im BtMG regelt das NpSG aber nicht einzelne Stoffe, sondern ganze Stoffgruppen. Eine von diesen Stoffgruppen sind die synthetischen Cannabinoide. Und hier kommt der Clou: HHC zählt heute als halbsynthetisch. Das heißt, dass es sich um eine Verbindung natürlichen Ursprungs handelt, die aber chemisch hergestellt wird. Da HHC also weder unter das BtMG fällt und als nicht vollsynthetischer Stoff auch nicht unter das NsPG, handelt es sich nach Meinung von Experten also um eine legale Droge (Stand 11/2023).
Disclaimer: Ich bin kein Volljurist und verfüge auch sonst über keine akademische Expertise bzgl. Rechtsauslegung. Alle hier aufgeführten Informationen bezüglich der Legalität von HHC basieren auf (gewissenhaften) Recherchen. Die Quellen sind unten angegeben und/oder verlinkt. Wenn Ihr wirklich zuverlässige Infos dazu möchtet, dann konsultiert am besten einen Anwalt.
Wie wird HHC hergestellt?
Hexahydrocannabinol ist ein halbsynthetisches Cannabinoid. Es kommt zwar in Cannabis vor, die Menge ist aber so gering, dass sich eine chemische Extraktion nicht lohnt. Deshalb stellt man es im Labor her. Es wurde schon 1940 von Roger Adams im Labor entdeckt (6) und 1947 aus THC synthetisiert (7). Das HHC, das heute im Labor hergestellt wird, wird aus Nutzhanf, bzw. aus dem darin enthaltenen Cannabidiol (CBD )gewonnen. Die Molekülstruktur von HHC findet ihr hier. Die von CBD könnt ihr hier nachlesen. Dieser alternative Weg wird gewählt worden sein, weil Nutzhanf leichter zugänglich ist. Bei der Extraktion von CBD wird mit Hilfe unterschiedlicher Lösemittel der Extrakt vom übrigen Pflanzenmaterial getrennt. Als Lösemittel können Ethanol, Propan, Butan, Hexan und noch einige andere Stoffe verwendet werden. Die Lösemittel werden nach der Extraktion verdampft und mit Hilfe eines Vakuums abgesaugt.
Wie funktioniert eine Extraktion?
Eine Extraktion müsst ihr euch so vorstellen wie Kaffeekochen. Dort benutzt ihr ebenfalls ein Lösemittel (heißes Wasser) und eine kleine Menge Ausgangsmaterial (Kaffeepulver). Was ihr nach dem Kochen in der Kanne habt, ist das Lösemittel mit darin gelöstem Extrakt. Wenn man jetzt so weitermachen würde wie bei der CBD-Extraktion, würde man noch das Wasser aus der Kanne verdampfen und den Wasserdampf absaugen. Das ergibt aber fürs Frühstück keinen Sinn und deshalb trinkt man es.
Das CBD, das man nach dem Abdampfen des Lösemittels erhält, wird getrocknet und weiterverwendet, um HHC herzustellen.
CBD wird in einem ersten Schritt in THC umgewandelt
Diese Synthese von HHC aus CBD läuft in zwei Schritten ab. Im ersten Schritt wird aus CBD das Zwischenprodukt Δ8-THC (Delta-8-THC). Im zweiten Schritt wird aus Δ8-THC durch Hinzufügen von Sauerstoff HHC (8). Wie diese Substanzen aussehen, könnt ihr im vorherigen Artikel über Nomenklatur nachlesen.
CBD und THC sind Isomere. Von isomeren Verbindungen spricht man, wenn zwei Moleküle aus den gleichen Atomen bestehen, die Atome aber unterschiedlich angeordnet sind. Sowohl CBD als auch THC bestehen aus 21 Kohlenstoffatomen, 30 Wasserstoffatomen und zwei Sauerstoffatomen (C21H30O2).
Der erste Schritt für die HHC-Synthese ist der säurekatalysierte Ringschluss (Zyklisierung) von CBD bei erhöhter Temperatur. Dabei entsteht als Hauptprodukt Δ8-THC , das isomere Δ9-THC und einige Nebenprodukte.
Für Nichtchemiker:
- Der mittlere Ring des Moleküls wird geschlossen
- Es kommt netto betrachtet (bzgl. des Reaktionsmechanismus ist es nicht ganz so einfach) zu einer Umlagerung eines Wasserstoffatoms (siehe Abbildung 4) von einer Hydroxygruppe zur Methylgruppe
Da CBD und Δ8-THC isomere Verbindungen sind, müssen für den ersten Syntheseschritt also Atome neu angeordnet werden. Es handelt sich dabei aber um eine chemische Reaktion. Man gibt also nicht einfach CBD in ein Glas, rührt um und bekommt nach zehn Minuten Δ8-THC heraus. Damit eine Reaktion stattfindet, muss man einen Katalysator verwenden.
In der organischen Chemie verwendet man Säuren als Katalysator
Als Katalysator bezeichnet man in der Chemie einen Stoff, der die Reaktionsgeschwindigkeit einer chemischen Reaktion beeinflusst und dabei nicht selbst verbraucht wird. Man könnte sagen, dass es ein Hilfsstoff ist. In der organischen Chemie verwendet man häufig Säuren als Katalysatoren, da sie besondere Eigenschaften haben, die bei Synthesereaktionen nützlich sein können. Ein weiterer Vorteil von Katalysatoren ist, dass wir mit der Wahl des Katalysators auch beeinflussen können, welches von mehreren Produkten als Hauptprodukt entsteht. Im ersten Schritt entstehen aus CBD die Produkte Δ8-THC, Δ9-THC und einige Nebenprodukte. Für den zweiten Schritt braucht man Δ8-THC. Um dies mehrheitlich zu erhalten, verwendet man den Katalysator para-Toluolsulfonsäure (9).
Im zweiten Syntheseschritt wird aus dem Zwischenprodukt THC das Endprodukt HHC. Im Beitrag über Nomenklatur habt ihr vielleicht bereits gesehen, dass der Unterschied bei diesen beiden Stoffen in der Anzahl der Wasserstoffatome liegt. Um aus THC das Zielprodukt HHC zu machen, muss man Wasserstoff hinzufügen. Dies geschieht im zweiten Reaktionsschritt durch eine katalytische Hydrierung.
In einem zweiten Reaktionsschritt wird THC hydriert und es entsteht HHC
„Hydrierung“ bedeutet in der Chemie, dass dem Molekül eines Stoffs ein oder mehrere Wasserstoffatome hinzugefügt werden. In diesem Fall kommen zwei H‑Atome pro Molekül dazu, weil HHC zwei Wasserstoffatome mehr trägt als THC (siehe Abbildung 5 und 6). Mehr dazu findet ihr im Nomenklatur-Artikel.
Auch hier kann man die beiden Ausgangsstoffe Δ8-THC und Wasserstoff nicht einfach zusammengeben, umrühren und fertig ist das HHC. Damit eine Reaktion stattfindet, muss ein so genannter „Hydrierkatalysator“ verwendet werden. Dieser besteht in der Regel aus Platinoxid oder einer Palladium/Aktivkohle-Mischung. Der Wasserstoff lagert sich dann am Katalysator an und kann so leichter mit dem Δ8-THC reagieren. Durch die Hydrierung verschwindet die C‑C-Doppelbindung im Δ8-THC und es entsteht HHC. Der tatsächliche Mechanismus ist auch wieder ein bisschen komplizierter. Fürs allgemeine Verständnis soll uns die vereinfachte Darstellung reichen.
Zu einer chemischen Synthese gehört mehr als die bloße chemische Reaktion
Wenn man in der Chemie Stoffe miteinander reagieren lassen möchte, dann reicht es selten aus, sie nur zusammenzuschütten. Es müssen auch Faktoren wie die Temperatur, der Druck oder der pH-Wert beachtet werden. Man muss außerdem wissen, in welchem Verhältnis man die Stoffe vorher mischt. Und dann ist da ja auch noch das Arbeitsmedium. Festes getrocknetes CBD wird nicht einfach erhitzt, sondern vorher in einem organischen Lösemittel aufgelöst. Dieses Lösemittel muss auch wieder nach zahlreichen Kriterien ausgewählt werden. Es darf zum Beispiel nicht mit den Stoffen reagieren, die tatsächlich zur Reaktion gehören. Es befinden sich also neben den metallischen Katalysatoren auch noch Lösemittel in der fertigen Mischung. Alles, was kein HHC ist, muss aber zum Schluss wieder entfernt werden.
HHC wird vor dem Verkauf getestet, aber…
Vor allem Onlineshops bieten zusätzlich zu den HHC-Produkten, die sie verkaufen, auch Laborergebnisse zu deren Reinheit. Diese Ergebnisse sind häufig dargestellt wie in folgender Abbildung:
Meiner Meinung nach haben diese Analysen das Ziel, die Kunden in Sicherheit zu wiegen. Ich zweifle die Validität der Ergebnisse keinesfalls an. Die jeweiligen Produkte werden auf die enthaltenen Cannabinoide getestet. Und laut Laborbericht sind ausschließlich HHC-Isomere in messbaren Konzentrationen enthalten. Wer das Produkt raucht, konsumiert damit kein THC, kein CBD und keine sonstigen Cannabinoide, sondern reines HHC. Man könnte sogar in Versuchung kommen, zu argumentieren, dass dieser Stoff eine sichere Alternative zum THC-haltigen Cannabis auf dem Schwarzmarkt darstellt. Beim Gras vom Dealer im Park weiß man in der Regel nicht, was drin ist. Der legt kein Zertifikat dazu. Nun kann aber im Zertifikat auch kein Wert stehen, der nicht gemessen wurde. Es wird lediglich auf Cannabinoide getestet. Niemand testet auf Reste der verwendeten metallischen Katalysatoren. Auch auf Reste der organischen Lösemitteln, die bei der Synthese verwendet werden, wird nicht geprüft. Und dann ist da ja auch noch der Säurekatalysator aus dem ersten Reaktionsschritt.
HHC aus dem freien Handel kann kontaminiert sein – Gras vom Dealer im Park aber auch
Worauf ich damit hinaus möchte, ist folgendes: HHC-Produkte mögen eine (halb-)legale Alternative zum THC-Rausch sein. Die beigelegten Laborberichte geben aber in der Regel nur das Cannabinoid-Profil des jeweiligen Produktes an. Auf Reste der anderen Stoffe, die bei der Synthese verwendet werden, wird nicht getestet. Es gibt zudem keine Qualitätsanforderungen für HHC-Produkte. Wer konsumiert, muss sich also auf die Gewissenhaftigkeit der Hersteller verlassen. Theoretisch sind HHC-Produkte damit kein bisschen sicherer als das, was man mit ihnen ersetzen will. Nämlich das Schwarzmarkt-Cannabis, von dem niemand weiß, auf welchem Boden oder sonstigem Substrat die entsprechenden Pflanzen gezüchtet wurden. Häufig sind auch Streckmittel dabei. Im besten Fall Küchenkräuter, die nur ähnlich aussehen. Oft aber auch Haarspray, Blei, Sand oder sonstige gesundheitsgefährdende Kontaminationen. Es bleibt zu hoffen, dass HHC-Produkte mit der kommenden Entkriminalisierung durch das Cannabisgesetz vom Markt verschwinden. Vielleicht gibt es aber auch bald eine Massenproduktion mit angeschlossener Qualitätskontrolle, wer weiß?
Hat HHC medizinisches Potential?
HHC hat eine ähnliche Wirkung wie THC. Das wird von Konsumenten beschrieben (1). Es ist außerdem belegt, dass es an den menschlichen Cannabinoid-Rezeptoren andockt, aber bei gleicher Wirkungscharakteristik nur halb so stark wirkt wie THC. Im Moment (November 2023) gibt es keine öffentlichen Daten zur pharmakokinetischen Wirkung auf den Menschen oder auf Tiere. Da der Forschungsstand zu Cannabinoiden und ihrer Wirkung sich aber täglich ändert, kann sich dies sehr schnell ändern. Ein als Medizin synthetisiertes HHC-Produkt hätte dabei auch wesentlich strengere Qualitätsanforderungen.
Fazit
HHC-Produkte sind in Headshops auf dem Vormarsch. Ihre Wirkung ist der des illegalen THC ähnlich, wenn auch schwächer. Der Stoff Hexahydrocannabinol wird für die Produkte künstlich hergestellt. Man kann hier Bezeichnungen wie „halbsynthetisch“ verwenden, weil es sich um ein künstlich hergestelltes Naturprodukt handelt. Fakt für die Produkte aus dem Handel ist: Der Wirkstoff stammt aus dem Labor. Da es keine festgesetzten Qualitätskriterien gibt, ist jeder Konsum ein Risiko. Zum Vergleich: Auch der Konsum von Schwarzmarkt-Weed ist ein Risiko (deshalb kämpfen wir für eine Legalisierung). Die Behauptung, HHC sei, weil es legal ist und auf Cannabinoide getestet wird, sicherer, ist also nicht haltbar. Forschungsdaten zu pharmakokinetischen Wirkung von HHC sind im Moment nicht bekannt.
Würdet ihr HHC mit dem neuen Wissen über Herstellung und Verunreinigungen konsumieren? Schreibt es mir in die Kommentare!
Disclaimer
Dieser Artikel enthält Werbung durch Verlinkung. Dieser Blogartikel entstand nicht in Zusammenarbeit mit den genannten Firmen. Es besteht keine Kooperation oder Partnerschaft. Der Inhalt dieses Blogartikels fasst meine persönlichen wissenschaftlichen Recherchen sowie meine eigene Meinung zusammen und wurde von keinem Vertreter der im Artikel genannten Firma beeinflusst.
Weiterführende Quellen
- 1 https://www.ndr.de/ratgeber/verbraucher/Cannabis-Variante-HHC-Wie-gefaehrlich-ist-das-Rauschmittel,hhc100.html
- 2 https://cbd-deal24.de/was-ist-hhc/hhc-high/
- 3 Hanuš, Lumír Ondřej, Meyer, Stefan Martin, Muñoz, Eduardo, Taglialatela-Scafati, Orazio, Appendino, Giovanni: Phytocannabinoids: a unified critical inventory; 2016
- 4 EuGH, Urteil vom 10. Juli 2014 — C‑358/13 und C‑181/14
- 5 BR-Drucksache 231/16 vom 6. Mai 2016
- 6 Adams, Roger et al.: Structure of cannabinol. VI. Isomerization of cannabidiol to tetrahydrocannabinol, a physiologically active product. Conversion of cannabidiol to cannabinol; 1940
- 7 US Patent Nr. 2419937 Marihuana Active Compounds von Roger Adams
- 8 European Monitoring Centre for Drugs and Drug Addiction (EMCDDA): HHC and related substances; 2023
- 9 Webster, Barrie et al.: Conversion of CBD to Δ8-THC and Δ9-THC
Mein besonderer Dank für diesen Blogbeitrag gilt Marc Schlichter, der das im Artikel verwendete Analysezertifikat eines Artikels aus seinem HappyHHC-Shop bereitgestellt hat.