In der Cannabiscommunity sind Namen wie Cannabidiol und Tetrahydrocannabinol bekannt und werden auch unter wissenschaftlichen Laien gekonnt mit drei Buchstaben (CBD bzw. THC) abgekürzt.
Wie aber kommen diese Namen zustande? Was bedeuten die Namen der Cannabinoide?
Im folgenden Artikel werden anhand der fünf Beispiele CBN, HHC, Δ9-THC, Δ8-THC und CBD die Namen der Cannabinoide erklärt. Sie entstehen aufgrund der Nomenklaturregeln (Regeln der Namensgebung) in der (organischen) Chemie. Die Reihenfolge ist bewusst so gewählt, dass die einfachsten Regeln vorn stehen und es zum Ende etwas komplizierter wird.
Das hier vermittelte Wissen ist wahrscheinlich im Alltag nicht wirklich nützlich, ihr könnt aber beim nächsten Treffen eures gerade entstehenden CSC in entspannter Sofarunde die anderen Vereinsmitglieder mit eurem Wissen erstaunen. Und wenn das kein Mehrwert ist…
Cannabinoide sind eine umfangreiche Stoffklasse
Die Cannabinoide sind eine Stoffklasse, die zu Beginn hauptsächlich in der Hanfpflanze (Cannabis sativa) gefunden wurde. Sie haben auch ihren Namen von der Pflanze. Heute unterscheidet man
- Phytocannabinoide (griech: „phyton“ = „Pflanze“), also Cannabinoide, die in Pflanzen gefunden wurden
- Endocannabinoide (griech: „endon“ = „innen“ bzw. „innerhalb“), also Cannabinoide, die Teil des menschlichen Körpers sind (oder des Körpers eines anderen Tieres)
- Synthetische Cannabinoide, also Cannabinoide, die künstlich hergestellt werden.
Sucht man in wissenschaftlicher Literatur nach einer Erklärung, was Cannabinoide sind, so heißt es dort:
„Als Cannabinoide werden terpenoide phenolische Verbindungen mit 22 bzw. 21 Kohlenstoffen (…) bezeichnet (…)“ (1)
Die genaue Definition ist noch etwas umfangreicher. An dieser Stelle reicht die abgekürzte Version für ein allgemeines Verständnis. Zu den oben genannten Begriffen sei folgendes gesagt:
- „Terpenoide“ bedeutet „den Terpenen ähnlich” und Terpene sind eine Stoffklasse, die sich ihrerseits wieder vom Isopren (siehe Abbildung 1) ableiten
- „Phenolisch“ bedeutet, dass sich ein Molekül von Phenol ableitet. Phenole sind Stoffe, die aus einem oder mehreren Benzolringen (mehr dazu unten) bestehen, an die eine Hydroxygruppe (OH-Gruppe) gebunden ist (siehe Abbildung 2)
Ganz schön kompliziert, oder? Keine Sorge es ist ein Puzzlestück und ich habe mir vorgenommen, dass sich am Ende genügend Puzzlestücke zusammenfügen, um ein Gesamtbild zu ergeben. Gleich kommt auch noch ein bisschen Farbe mit rein und ich hoffe, damit wird es verständlicher.
Cannabinol (CBN) bildet den Stammnamen für die anderen Cannabinoide
Cannabinol (Abbildung 3) wurde im Jahr 1899 das erste Mal aus handgeriebenem Haschisch isoliert und seine Struktur wurde 1933 aufgeklärt (2). Da es der erste Wirkstoff des Hanfs war, der isoliert bzw. dessen Struktur aufgeklärt wurde, erhielt er seinen Namen „Cannabinol“ von der Pflanze (Cannabis). Die Endsilbe „-ol“ weist dabei auf die funktionelle Hydroxygruppe hin, die das Molekül trägt. Die Hydroxygruppe wird auch als alkoholische Gruppe bezeichnet. Chemisch betrachtet handelt es sich also um einen Alkohol. „Alkohol“ ist hier aber ein Sammelbegriff für eine Stoffgruppe und meint nicht den Trinkalkohol im Bier.
Da „Cannabinol“ der Stammname der folgenden Cannabinoide ist, werden die Namen der nächsten Stoffe anhand der Struktur des CBN erklärt.
Hexahydrocannabinol (HHC) ist wie CBN mit extra Wasserstoff
In den letzten Wochen und Monaten tauchen in Headshops und anderen einschlägigen Läden für Rauchzubehör immer häufiger HHC-Produkte auf. Es handelt sich bei HHC um ein bislang noch legales Cannabinoid. Über seine Wirkung und über seinen rechtlichen Status werde ich an anderer Stelle schreiben. Hier schauen wir uns das Molekül an und finden die Erklärung, warum der Stoff diesen komplizierten Namen trägt.
Das HHC-Molekül leitet sich dem Namen nach vom Cannabinol (CBN) ab. Die verdickte Linie beim HHC in der Abbildung stellt eine nach vorn deutende, die unterbrochene Linie eine nach hinten zeigende Bindung dar (Die beiden Bindungen sind in Abbildung 5 orange markiert). Auf diese Art soll Dreidimensionalität dargestellt werden.
Die Vorsilbe „Hexa-“ stammt aus dem Griechischen und bedeutet „Sechs“. Hexahydrocannabinol unterscheidet sich also vom Cannabinol durch etwas, das mit der Zahl Sechs zu tun hat. Der Schlüssel zu diesem Rätsel liegt in der zweiten Vorsilbe „-hydro-“. Die Hydrovorsilbe stammt aus der chemischen Nomenklatur und wird vor einen Stammnamen geschrieben, um auf zusätzliche Wasserstoffatome hinzuweisen. Der Stammname ist in unserem Fall „Cannabinol“. Hexahydrocannabinol trägt also im Vergleich zu Cannabinol sechs zusätzliche Wasserstoffatome.
Chemiker haben es gern einfach und übersichtlich
Um zu verstehen, wo sich diese zusätzlichen Wasserstoffatome befinden, muss man wissen, dass die Darstellung der Moleküle, die wir in einschlägigen Quellen finden, eine vereinfachte ist. Zuerst schauen wir auf den Benzolring (in Abbildung 6 grün markiert) des CBN-Moleküls. Der Benzolring ist ein Ring aus sechs Kohlenstoffatomen, die abwechselnd in Doppel- und Einfachbindungen gebunden sind (Wer richtig mit seinem chemischen Wissen über Cannabis angeben möchte, sagt dazu “konjugierte Doppelbindungen). Kohlenstoff geht in Verbindungen meist vier Bindungen ein. Der abgebildete Ring zeigt aber nur drei pro Kohlenstoffatom. Das liegt daran, dass man für die Übersichtlichkeit, die Wasserstoff-Atome (H‑Atome) nicht mit einzeichnet. Mit den H‑Atomen (blau) sähe das Molekül aus wie in Abbildung 7.
Der entsprechende Sechsring beim HHC hat keine konjugierten Doppelbindungen mehr. Die sechs Kohlenstoffatome, die ihn bilden, sind überall wo es möglich ist mit Wasserstoff gesättigt. Während CBN also drei H‑Atome an besagtem Sechsring trägt, zählen wir bei HHC neun, also sechs Wasserstoffatome mehr. Daher stammen die Vorsilben „Hexa-“ und „-hydro-“ und der Name „Hexahydrocannabinol“.
Delta-9-Tetrahydrocannabinol (Δ9-THC) ist auch wie CBN, mit weniger extra Wasserstoff
Wenn in den Medien über Cannabis gesprochen wird, dann wird auch häufig über den THC-Gehalt gesprochen. THC ist neben CBD das bekannteste Cannabinoid. Es ist zudem psychoaktiv und damit der Grund, weshalb Cannabis zu Rauschzwecken konsumiert wird. Die Abkürzung THC bzw. Δ9-THC steht für (Delta-9-)Tetrahydrocannabinol. Für naturwissenschaftliche Laien ist das Wort ein wahrer Zungenbrecher. Das ist wahrscheinlich auch der Grund, aus dem man es abkürzt. Um zu verstehen, warum der Stoff so heißt, muss man sich das Molekül ansehen.
Das THC-Molekül leitet sich dem Namen nach ebenfalls vom Cannabinol (CBN) ab. Die Vorsilbe „Tetra-“ kommt wie „Hexa-“ ebenfalls aus dem Griechischen und bedeutet „vier“. Tetrahydrocannabinol beschreibt also ein Cannabinolmolekül mit vier zusätzlichen Wasserstoffatomen. In Abbildung 11 ist der betreffende Sechsring aus Kohlenstoffen wieder grün markiert. Die H‑Atome (Wasserstoff) sehen wir in blau.
Die Bezeichnung Tetrahydrocannabinol allein reicht aber offensichtlich noch nicht aus, um die Struktur des Moleküls genau zu beschreiben. In der Chemie kommen an dieser Stelle noch griechische Buchstaben und hochgestellte Zahlen mit dazu. Wenn euch das im Mathe-Unterricht genervt hat, dann werdet ihr es hier hassen. Ich mache trotzdem noch ein bisschen weiter.
Für die chemische Nomenklatur nimmt man sich das griechische Alphabet zur Hilfe
Wofür steht das Dreieck am Anfang des Stoffnamens? Und was soll die hochgestellte Zahl beim Δ9-THC? Auch hier lohnt sich wieder ein genauerer Blick auf das Molekül. Beim THC ist der Kohlenstoff-Sechsring nicht komplett mit H‑Atomen gesättigt. Im Gegensatz zum HHC bleibt eine Doppelbindung übrig. Weil man in der chemischen Nomenklatur alles genau beschreiben möchte, muss im Namen des Stoffes erwähnt werden, wo im Ring sich diese Doppelbindung befindet. In der chemischen Nomenklatur verwendete man früher den griechischen Großbuchstaben „Delta“, um eine Doppelbindung zwischen zwei Kohlenstoffen zu beschreiben (C=C‑Doppelbindung). Der Buchstabe „Delta“ (Δ) sieht im alten griechischen Alphabet wie ein Dreieck aus. Die Deltaregel ist eigentlich schon lange überholt. Sie wird aber trotzdem aus Gewohnheit weiterhin angewendet.
Delta-8-Tetrahydrocannabinol (Δ8-THC) – Die Doppelbindung bestimmt den Namen
Die hochgestellte Zahl neben dem Delta beschreibt, an welcher Stelle im Molekül sich die C=C‑Doppelbindung befindet. Chemiker haben für Kohlenstoff-Ringsysteme wie das in den Cannabinoiden bestimmte Nummerierungsregeln. Nach diesen Regeln befindet sich die Doppelbindung beim Delta-9-THC am neunten Kohlenstoffatom (siehe Abbildung 12)
Die Doppelbindung kann bei THC aber auch an einer anderen Stelle auftreten. Wenn sie zwischen dem achten und dem neunten Kohlenstoffatom steht, handelt es sich um einen anderen Stoff, nämlich Delta-8-Tetrahydrocannabinol (Δ8-THC; siehe Abbildung 13).
Bei einem weiteren Cannabinoid liegt der Unterschied zum Cannabinol diesmal nicht in mehr oder weniger Wasserstoff-Atomen.
Cannabidiol (CBD) hat seinen Namen allein von den alkoholischen Gruppen
Eines der bekannteren Cannabinoide ist Cannabidiol (CBD). Es wird vor allem aus Nutzhanf gewonnen und findet in der Medizin breite Anwendung. Hier schauen wir uns das Molekül und seine Unterschiede zum CBN an. Weiter oben haben wir bereits gelernt, dass die Endung „-ol“ auf eine Hydroxygruppe (-OH) hindeutet. Die Vorsilbe „di-“ wie in „Cannabidiol“ stammt aus dem Griechischen. Sie bedeutet „zwei“ und wird hier verwendet, weil Cannabidiol zwei Hydroxygruppen (in der Abbildung rot eingefärbt) trägt. Ein weiterer Unterschied ist, dass der mittlere Sechsring (ich spare mir jetzt den chemischen Fachbegriff dafür) nicht geschlossen ist. Außerdem sehen wir auf der linken Seite der Abbildung (violett eingefärbt) nicht zwei Methylgruppen (-CH3), sondern eine Methylgruppe und eine Methylengruppe (=CH2).
Man könnte hier mit der Namensgebung auf Grund der anderen Unterschiede sehr kreativ werden. Glücklicherweise wurde CBD recht früh (1940) entdeckt und so konzentrierte man sich bei der Namensgebung auf die beiden OH-Gruppen.
Ihr habt jetzt die Molekülstrukturen von fünf Cannabinoiden kennengelernt und einen kleinen Einblick in die Regeln der chemischen Nomenklatur bekommen. Wenn euch das Thema gefallen hat und ihr mehr wissen wollt, nutzt die Kommentarfunktion.
Weiterführende Quellen
- 1 Ziegler, Alexander: Cannabis – Ein Handbuch für Wissenschaft und Praxis, 2022
- 2 Appendino, Giovanni: The early history of cannabinoid research; 2020